Bebauungsplanverfahren „Rote Äcker“

In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 14. November 2024 hat der Gemeinderat mehrheitlich dafür gestimmt, das Bebauungsplanverfahren „Rote Äcker“ weiter voranzutreiben. Gegenstimmen gab es nur von den beiden Gemeinderatsmitgliedern der Liste Mensch und Umwelt Sternenfels.

Bürgermeisterin Walch wies in der Sitzung darauf hin, dass die letzte Baulandentwicklung in Sternenfels mehr als zwanzig Jahre zurückliegt. Das ist uns natürlich bewusst und auch wir sehen die Notwendigkeit, schnell Wohnraum zu schaffen – bevorzugt durch Nachverdichtung, aber teilweise eben auch durch die Erschließung neuer Wohnbaugebiete. Die Entscheidung über die „Roten Äcker“ muss unseres Erachtens allerdings nicht nur für sich, sondern im Zusammenhang mit den anderen Vorhaben der Gemeinde betrachtet werden.

Die Gemeinde Sternenfels nennt auf ihrer Internetseite vier laufende Bebauungsplanverfahren mit der Ausrichtung auf Wohnbebauung:

  • Rote Äcker mit ca. 1,5 Hektar Fläche
  • Nähere Hofstatt mit ca. 1,6 Hektar Fläche
  • Am Falltor mit ca. 2,6 Hektar Fläche
  • Maulbronner Straße mit 0,22 Hektar Fläche

Dies entspricht in Summe einer Fläche von fast 6 Hektar.

In den „Leitlinien der Gemeindeentwicklung“, die im Rahmen der „Zukunfstrategie 2035“ vor gut zwei Jahren in Zusammenarbeit mit der STEG Stadtentwicklungs GmbH entstanden sind heißt es hingegen: „Trotz prognostiziertem Rückgang [der Bevölkerung in Sternenfels] um 11 Einwohner […] ergibt sich bis ins Jahr 2035 ein relativer Flächenbedarf von 2,7 Hektar.“ In einer Präsentation der STEG war ursprünglich von 1,8 bis 2,7 Hektar die Rede. Die Gemeinde strebt somit momentan Wohnbauflächenerweiterungen in einem Umfang an, der mehr als dem doppelten der Empfehlung der STEG entspricht.

Zudem verändern sich die Rahmenbedingungen: Baukosten und Zinsen sind hoch. Viele junge Familien können sich den Bau eines Einfamilienhauses garnicht mehr leisten. Wichtiger aber: Der gesamtdeutschen und landesweiten Entwicklung folgend, wird sich die Altersstruktur verändern. Die Alterskohorte der Menschen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 65 Jahren wird um 10% zurückgehen. Die Anzahl der Senioren im Alter von über 65 Jahren steigt hingegen voraussichtlich um 60%.

Vor diesem Hintergrund werden günstigere verdichtete Wohnformen mit kleineren Wohneinheiten interessanter und Einfamilienhäuser als teure und für Senioren langfristig ungeeignete Wohnform uninteressanter. Selbst wenn alle Bauplätze in den geplanten Wohnbaugebieten aufgrund der aktuellen Wohnungsnot verkauft und bebaut werden könnten, steht zu befürchten, dass auf Dauer und bezogen auf das Gemeindegebiet als Ganzes dadurch mehr Leerstand zu erwarten wäre, der wiederum hohe Folgekosten für die Erhaltung von Infrastruktur mit sich bringt.

Jede Baulandentwicklung an den Ortsgrenzen trägt zur Zerstörung von Natur und Landschaft bei – obwohl diese beiden Aspekte zu den wichtigsten zählen, weshalb Menschen zu uns aufs Dorf ziehen. Jede Versiegelung im Außenbereich entzieht zudem wertvolle Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung und kostet die Gemeinde Ökopunkte.

Daraus folgt für uns als Liste Mensch und Umwelt:

  1. Die Gemeinde sollte die Erkenntnisse aus der „Zukunftsstrategie 2035“ anwenden und die angestoßenen Bebauungsplanverfahren teilweise pausieren, um nicht mehr Bauland zu schaffen, als langfristig benötigt wird. Dadurch würde auch die Belastung im Rathaus sinken.
  2. Die Gemeinde sollte insbesondere Möglichkeiten für günstigere Wohnformen, wie mehrstockigen Wohnungsbau und Mehrfamilienhäuser schaffen.
  3. Die derzeit laufenden Bebauungsplanverfahren zum Wohnungsbau, die sich abgesehen von der Maulbronner Straße alle auf Einfamilienhäuser beziehen, sollten auf keinen Fall gleichzeitig erschlossen werden, sondern gestaffelt. Der Fokus sollte unseres Erachtens auf dem innerörtlichen Bebauungsplanverfahren „Nähere Hofstatt“ liegen.

Im konkreten Bebauungsplanverfahren „Rote Äcker“ sehen wir zudem folgende Probleme, die auch in den Stellungnahmen genannt werden:

  1. Die Entwässerung des Gebiets ist aufwendig. In der anliegenden Wohnbebauung gibt es wohl bereits jetzt erhebliche Probleme.
  2. Durch die hohe Arsenbelastung im Boden sind Folgekosten für die Bauherren zu erwarten, die die Bauplätze weniger attraktiv machen.
  3. Das Gebiet umfasst landwirtschaftliche Flächen von laut Gutachten überdurchschnittlicher Qualität.
  4. Die Roten Äcker befinden sich an einer von der Landstraße aus gut einsehbaren Stelle des Ortsrands. Das Ortsbild wird durch eine Bebauung maßgeblich verändert.

Aus diesen Gründen haben wir uns in der Gemeinderatssitzung dafür ausgesprochen, das Bebauungplanverfahren „Rote Äcker“ vorerst nicht weiterzuführen und haben gegen die Beschlussvorlagen der Gemeindeverwaltung gestimmt.

Die „Leitlinien der Gemeindeentwickung“ und weitere Unterlagen aus der „Zukunftsstrategie 2035“ sind im Ratsinformationssystem unter folgendem Link abrufbar: https://sternenfels.ris-portal.de/zukunftsstrategie
Die zitierten Informationen finden sich darin auf den Seiten 13 bis 15.